Kunst der Sammlung® – Ein Blick auf institutionelle & private Kunstsammlungen im Vergleich

Karl & Faber lud in Kooperation mit der Deutschen Bank zu einer exklusiven Veranstaltung ein, die ganz im Zeichen der Kunst der Sammlung® stand.

Anja Ottmann, eine passionierte Privatsammlerin, und Dr. Christina Schroeter-Herrel, tätig für die Sammlung und das Kunstprogramm der Deutschen Bank, gewährten faszinierende Einblicke in ihre Sammlungskonzepte und -methoden.

Anja Ottmann

Das Sammeln zeitgenössischer Kunst ist der Rechtsanwältin und Kunsthistorikerin seit vielen Jahren eine Herzensangelegenheit. Sie engagiert sich aktiv in der Münchner Kunstszene und unterstützt dort bedeutende Institutionen wie das Haus der Kunst und die Pinakothek der Moderne.

Sammlung Deutsche Bank

Die Sammlung Deutsche Bank ist eine der größten Unternehmenssammlungen weltweit. 1979 gegründet verfügt sie heute über rund 50.000 Kunstwerke von cirka 5.000 Künstler*innen. Die Sammlung widmet sich vor allem Zeichnungen und Fotografien ab 1945, besitzt aber auch Skulpturen, Video und Installationen. Im Jahr 2020 präsentierte die Deutsche Bank ihre Sammlung in über 600 Filialen weltweit, über 1000 Werke kann die Öffentlichkeit als Dauerleihgabe in Museen und öffentlichen Institutionen bewundern.

Dr. Christina Schroeter-Herrel

Sie baute Sammlungen auf und arbeitet als Kunstexpertin seit mehr als 25 Jahren für die Deutsche Bank. Sie leitete zunächst rund 10 Jahre den Bereich der Kunstberatung. Im Team Art & Culture verantwortet sie unter anderem Projekte, die kulturelle Angebote für Kund*innen sowie Mitarbeitende erlebbar machen.

Wie hat sich Ihre Sammlung über die Jahre hinweg entwickelt?

Dr. Christina Schroeter-Herrel: Die Kunstsammlung der Deutschen Bank war immer der jungen, zeitgenössischen Kunst auf Papier gewidmet, zumindest seit den späten 1970er Jahren. Damals waren es vor allem Werke von Künstler*innen aus dem deutschsprachigen Raum. Heute liegt der Fokus auf junger internationaler Kunst. Unser Ziel ist nach wie vor, zeitgenössische Tendenzen in den Blick zu nehmen.

Anja Ottmann: Angefangen haben wir mit zeitgenössischer figürlicher Leinwandmalerei: Die Künstler durften nicht über 40 sein. Als wir älter wurden, gaben wir das auf – auch um die liebgewonnenen Künstler zu begleiten. Was wir konsequent verfolgen: dass kein Werk älter als dieses Jahrtausend ist. Heute zeichnet sich unsere Sammlung dadurch aus, dass sie – etwa mit Arbeiten von Katharina Grosse und Gregor Hildebrandt – auch den erweiterten Malereibegriff umfasst.

 

Wie treffen Sie Ihre Auswahl?

Dr. Christina Schroeter-Herrel: Beispielsweise bei unserer Auszeichnung „Artist of the Year“ wählen wir vielversprechende Künstler*innen aus, die bereits ein künstlerisch wie auch gesellschaftlich relevantes Werk geschaffen haben, das die beiden Schwerpunkte der Sammlung Deutsche Bank einbezieht: Arbeiten auf Papier oder Fotografie. Das Werk muss uns überzeugen, es muss mit unserer Zeit zu tun haben und der Künstler oder die Künstlerin sollte noch keine große institutionelle Ausstellung gehabt haben.

Anja Ottmann: Inzwischen genieße ich es, dass ich als private Sammlerin nicht unbedingt ein Konzept sklavisch verfolgen muss. Für mich ist wichtig, dass die Bilder mit mir kommunizieren. Es ist tatsächlich so, dass ich Bilder fühle. Auf der Messe in Basel hatte ich bei einem Bild das Gefühl, ich möchte es umarmen, wie einen Baum beim Waldbaden. Die Galeristin sagte mir dann, die Künstlerin habe mit Frottage-Technik eine 350 Jahre alte Pinie abgerubbelt. Das Bild musste ich natürlich haben und freue mich schon darauf mit der nächsten Hängung ein Stück Entspannung in die Wohnung zu holen.

 

Gibt es Ausschlusskriterien beim Kauf?

Dr. Christina Schroeter-Herrel: Als Deutsche Bank wollen wir nicht alles sammeln, was aus kunsthistorischer Sicht vielleicht relevant wäre. Es gibt ein paar Ausschlusskriterien. Dazu zählen zum Beispiel erotische oder diskriminierende Werke. Gesellschaftskritische Arbeiten werden aber sehr wohl einbezogen.

 

Welche Rolle spielen bei Ihnen Kunstberater?

Dr. Christina Schroeter-Herrel: Bereits in der Gründungsphase hatten wir externe Berater. Dazu zählte zwischen 1979 und 1986 Klaus Gallwitz, der damalige Direktor des Städel Museums in Frankfurt. Mehr als zehn Jahre haben wir beim „Artist of the Year“ mit einem externen Expertenteam zusammengearbeitet, das uns bei der Auswahl beraten hat. In diesem Jahr hat uns Stephanie Rosenthal, die Direktorin des Guggenheim Abu Dhabi, die indische Künstlerin Rohini Devasher als „Artist of the Year“ 2024 vorgeschlagen. Die internationale Kunstszene ist vielfältig und dynamisch. Deshalb war und ist es uns wichtig, auch externe Meinungen einzubeziehen.

Anja Ottmann: Das macht ja für den privaten Sammler den Charme aus: Dass du selbst – so ein Trüffelschwein – versuchst, etwas Neues, noch nicht Dagewesenes zu entdecken. Wenn du wirklich aus Interesse an den Künstlerinnen und Künstlern sowie an der Kunst sammelst, dann macht dabei ja gerade das den Spaß für dich aus, auf eigene Faust loszuziehen und auf neue Positionen im Kunstmarkt zu stoßen.

„Wir laufen keinem Trend hinterher“
Dr. Christiana Schroeter-Herrel

Beeinflussen gesellschaftliche und politische Aspekte Ihre Auswahl?

Dr. Christina Schroeter-Herrel: Natürlich. Wir sammeln auch Kunst, weil sie gesellschaftliche Strömungen widerspiegelt oder vorwegnimmt. Die Menschen – Mitarbeitende wie Kundinnen und Kunden der Bank – sollen sich über die Kunst mit diesen Themen auseinandersetzen – jeder und jede auf seine persönliche Weise. Auch die Struktur unserer Sammlung atmet sozusagen. Bis in die 1980er Jahre war Kunst von Künstlern aus deutschsprachigen Ländern dominierend. Als die Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt modernisiert und 2011 wieder bezogen wurde, haben wir unser Sammlungskonzept neu justiert. Nach wie vor steht zeitgenössische Kunst auf Papier und Fotografie im Fokus. Unsere Sammlung ist aber international geworden, weil auch die Bank inzwischen global aufgestellt ist. Sie umfasst Werke von Künstler*innen aus mehr als 90 Ländern, und der Anteil von Arbeiten von Künstlerinnen ist deutlich gestiegen.

Anja Ottmann: Selbstverständlich ist man als soziales Wesen grundsensibilisiert. Wichtig und entscheidend ist für mich jedoch, dass die Aussagen nicht plakativ vordergründig sind, sondern durch die Ästhetik transportiert werden. Z.B. haben wir bis auf ganz wenige Ausnahmen in den vergangenen drei Jahren nur Werke von Frauen gekauft. Das ist mir erst vor Kurzem aufgefallen und es war überhaupt keine bewusste Planung. Ich gehe davon aus, dass es ein Spiegel der grösseren Sichtbarkeit von Frauen im heutigen Kunstmarkt ist.

 

Wie gehen Sie beim Kauf von Kunstwerken vor?

Dr. Christina Schroeter-Herrel: Ein Teil unseres Konzepts ist es, Kunstschaffende zu fördern. Galerien sind der Ort, wo Künstler*innen mit viel Einsatz bekannt gemacht und letztlich auf ihrem Weg weitergebracht werden. Daher war es für uns von vornherein wichtig, dass wir vor allem bei Galerien Kunst erwerben, auch im Sinne einer Förderung des Mittelstands, dem ja die meisten Galerien zuzuordnen sind. Daneben erwerben wir immer wieder Arbeiten auf Kunstmessen, und hier vor allem auf der Frieze Art Fair, deren weltweite Partnerin die Deutsche Bank seit über 20 Jahren ist.

Anja Ottmann: Die Galerien sind auch für uns der Ort, wo wir unsere Kunst erwerben. Als private Sammler erfahren wir da auch gegenüber den privaten institutionellen Sammlungen keine Nachteile. Allerdings ist es auch bekannt, dass wir offen für Leihgaben für Ausstellungen sind, denn die spätere Sichtbarkeit der Kunstwerke ist den Galerien in der Regel zu Recht wichtig. Insofern funktioniert der Zuschlag sehr fair – nach dem Prinzip „first come first serve“. Wenn ein anderer Interessent kommt, werden wir angerufen und um eine baldige Entscheidung gebeten. Einzig Museen werden vorgezogen, sollte es sich um ein museales Werk handeln.

„Meine Sammlung habe ich mit Herzblut aufgebaut.“
Anja Ottmann

Wie soll es später einmal mit Ihrer Sammlung weitergehen?

Dr. Christina Schroeter-Herrel: Unsere Sammlung war immer eine atmende Sammlung. Wir wollen in Bewegung bleiben – wie die Künstler*innen selbst. Wir finden neue spannende Positionen, geben aber auch einige Dinge wieder in den Handel: vor allem solche, die nicht mehr zum Kern der Sammlung passen. Damit erneuern und schärfen wir unsere Kollektion ständig. Das ist uns sehr wichtig.

Anja Ottmann: Auch hier erlauben wir uns den Luxus, darüber jetzt noch nicht nachzudenken. In dem Wissen, dass es irgendwann natürlich nötig ist – allein schon wegen unserer Kinder – und dass es verschiedene Möglichkeiten gibt. Zu gegebener Zeit werden wir uns damit beschäftigen, wie es mit unserer Sammlung weitergehen soll und was die besten Opportunitäten für die Werke darin sind. Dann werden wir die verschiedenen Optionen prüfen.

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