Details

Literatur:
Nachtrag zum Werkverzeichnis von Walther Scheidig 1954, bearbeitet von Hinrich Sieveking, in: Hanna Hohl/Hermann Mildenberger/Hinrich Sieveking: Franz Theobald Horny. Ein Romantiker im Lichte Italiens. Im Blickfeld der Goethezeit II, Ausst.-Kat. Kunstsammlungen zu Weimar und Hamburger Kunsthalle, Berlin 1998, S. 167.

Ausstellung:
Zeichnungen 1400-1900, Galerie Siegfried Billesberger, Katalog 23, Moosinning/München 1992, S. 36f.

Provenienz:
Sammlung Dr. Matthias Rech (1879-1946), Bonn, recto mit dem Stempel (Lugt 2745b);
Galerie Siegfried Billesberger, München;
Privatbesitz, Hessen.

Beschreibung

Für Franz Horny, dieses unvergleichliche Talent, das die römische Kunstwelt in Erstaunen versetzte, war die Begegnung mit dem Kunsttheoretiker, Sammler und Mäzen Carl Friedrich von Rumohr im Mai 1815 ein schicksalhaftes Ereignis. Rumohr nahm den jungen Künstler, der in Weimar die von Goethes Berater Johann Heinrich Meyer geleitete Zeichen- und Malschule besuchte, 1816 mit nach Rom, eröffnete ihm dort den Zugang zum Doyen der Landschaftsmalerei, Joseph Anton Koch, und vermittelte ihn in das Atelier von Peter von Cornelius, neben Friedrich Overbeck Haupt der Nazarener, wo Horny mit stupenden Obst- und Pflanzenstudien auffiel. Nach Cornelius‘ Rückkehr nach Deutschland 1818 betätigte sich Horny fast ausschließlich als Landschafter; im Sommer zuvor hatte er zusammen mit Rumohr erstmals Olevano besucht, jenen Sehnsuchtsort der Deutschen, der seit seiner Entdeckung durch Koch zu Beginn des 19. Jahrhunderts untrennbar mit der deutschen Kunstgeschichte verbunden ist. Im Sommer zog sich Horny in dieses pittoreske Felsennest zurück, um dort zu zeichnen und der sommerlichen Hitze in Rom zu entgehen – auch weil 1818 erstmals jene verhängnisvolle Lungenerkrankung offen zutage getreten war, der er nach langem Leiden bereits 1824 in Olevano erliegen sollte.
Auch unsere kleine Studie von zwei trinkenden Schafen ist sicher in Olevano entstanden, das Horny unablässig zeichnend durchstreifte. Er dokumentierte während seiner Aufenthalte 1822/24 mit großer Empathie das Alltagsleben der einheimischen Bevölkerung in Olevano, interessierte sich aber auch für Flora und Fauna. Das kleine Blatt steht neben zahlreichen Tierstudien vor allem von Schafen und Ziegen, die sich vornehmlich in seinen Skizzenbüchern finden, besonders in Hornys Münchner Skizzenbuch in der Graphischen Sammlung (Inv. Nr. 1959:12). Auch kombiniert er in seinen Skizzenbüchern häufig die feine Feder mit einer flüchtigen Bleistiftvorzeichnung, was auch auf unser Blatt zutrifft. Es ist aus zwei Teilen zusammengefügt – dem bis zu 9,6 Zentimeter breiten und 13,5 cm hohen Blatt rechts ist links ein ca. 2,4 cm breiter Streifen angefügt -, ein Umstand, der darauf deutet, dass das Blatt aus zwei ehemals in einem Skizzenbuch befindlichen Seiten zusammengesetzt wurde. Zwei Skizzenbücher ähnlichen, noch etwas kleineren Formats befinden sich im Berliner Kupferstichkabinett (SZ Horny Sbk. 15 und SZ Horny Skb. 16), doch wird unser Blatt ursprünglich etwas größer gewesen sein, denn zumindest oben ist es beschnitten.
Trotz seines kleinen Formats entfaltet das Blatt den reichhaltigen Kosmos der Zeichenkunst Hornys: Zunächst in Bleistift flüchtig, auch suchend angelegt, beschreiben die Konturen der Feder die endgültige Form der Schafe. Anhand der Bleistift-Pentimenti wird sichtbar, wie Horny um die Form der Tiere gerungen hat. Es wird darin ein allgemeines Problem der Künstler dieser Zeit deutlich: Sie hatten sich der Ausbildung an einer Akademie verweigert, wo sie anatomische Studien hätten lernen können, und hatten deshalb zeit ihres Lebens Probleme mit Körperstudien. In der präzisen Strichführung der Feder ist dagegen noch etwas von jenem Ernst spürbar, den Horny schon früh gegenüber seiner Mutter als Ziel seiner Kunst ausgemacht hatte – er bemühe sich, „die Natur mit Strenge und plastischem Sinne aufzufassen, wie das die Maler des 15. Jahrhunderts getan haben.“ (Brief vom 12. Oktober 1818, zitiert nach: Der Maler Franz Horny. Briefe und Zeugnisse, hrsg. von Ernst Ludwig Schellenberg, Berlin 1925, S. 101). Von dieser Strenge ist am Ufer nur noch wenig spürbar – mit fedrigen, kurzen Schwüngen der Feder deutet Horny die Wiese an, auf der die Schafe grasen.
Auf Hornys ausgearbeiteten Zeichnungen bevölkern häufig Ziegen und Schafe die Landschaft – so etwa auf einer aus der Umgebung von Olevano (Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. 12/19738) stammenden Landschaft, auf der rechts im Mittelgrund vier Schafe grasen, die spiegelverkehrt den beiden Schafen nahezu entsprechen. Auf dem Blatt der Frauen am Brunnen vor Olevano (Fonte della Castagnola) in Weimar (Klassik Stiftung Weimar, Graphische Sammlung, Inv. Nr. KK 1843) erscheint das linke Schaf unserer Zeichnung, gerahmt von zwei weiteren, grasend; das Blatt in Weimar wird um 1822 entstanden sein, was auch für unser Blatt gelten dürfte.
– Braunfleckig, horizontale Knickfalte am oberen Rand.

* Alle Angaben inkl. Aufgeld (27%) ohne MwSt. und ohne Gewähr. Irrtum vorbehalten.
** Alle Angaben zzgl. Aufgeld und MwSt. und ohne Gewähr. Irrtum vorbehalten.
*** Unter Vorbehalt: Zuschlag erfolgte unterhalb des Limits. Erwerb des Werkes im Nachverkauf ggf. noch möglich.
R = Regelbesteuerte Kunstwerke
N = Differenzbesteuerte Kunstobjekte mit Ursprung in einem Land außerhalb der EU
Die private oder gewerbliche Vervielfältigung und Verbreitung aller im Ausstellungs- und Auktionsarchiv angezeigten Werkabbildungen ist unzulässig. Alle Rechte vorbehalten.