Emil Nolde

„Kleines blondes Mädchen“

Details

Die Arbeit ist in der Werkliste des Künstlers von 1930 aufgeführt mit „1918 Kleines blondes Mädchen“.
Urban 782.

Ausstellung:
Deutsche Expressionisten, Kunstverein, Bautzen 1920, Kat.-Nr. 107;
Emil Nolde trifft Paula Modersohn-Becker, Museen Böttcherstraße, Bremen 2016/17, S. 102, Kat.-Nr. 37, mit farb. Abb.

Provenienz:
Erich Goeritz, Chemnitz, vor 1930 erworben;
Privatsammlung, Berlin, 1983 von Vorgenanntem erworben;
Sotheby’s, London 8.2.2006, Los 420;
Privatsammlung, Hamburg.

Beschreibung

• Charmantes Werk der Berliner Zeit
• In vereinfachendem Pinselspiel fängt Nolde das Wesen der Dargestellten ein
• Zeugnis von Noldes Kinderliebe und seinem Menschenbild

Sie ist von schlichter Schönheit: Ruhig sitzt das kleine blonde Mädchen vor einer grünen Wand dem Maler Emil Nolde Modell. In einem hellblauen Oberteil mit weißem Kragen, den man beinah am eigenen Hals kratzen fühlen kann, die rotblonden Haare sind zum Zopf gefasst. Das Gesicht der Dargestellten lässt sie als Heranwachsende erahnen. Wo Kragen und rosa Wangen noch an unbekümmerte Kindheit denken lassen, da zeigt der Blick bereits jugendliche Ernsthaftigkeit. Nolde fängt hier in grobem und vereinfachendem Duktus das Wesen, nicht aber die naturalistische Hülle der Dargestellten ein. Mit dichtem Farbauftrag zeigt er das Gesicht, vereinfacht und lässt doch Details wie etwa die Wangen hervorstechen. Dabei ist in dieser Vereinfachung eine programmatische Stilentscheidung zu erkennen, nutzt er diese Malweise doch auch bei anderen seiner Darstellungen „einfacher“ Leute. Statt hier nun ein Gemälde zu schaffen, welches uns einen wiedererkennbaren Eindruck des Aussehens eines bestimmten Mädchens bietet, porträtiert Emil Nolde hier vielmehr das Gefühl eines Zwischenzustands, den alle Betrachtenden aus ihrer eigenen Jugend zu gut kennen werden: Einerseits nicht mehr ganz Kind, andererseits noch nicht Jugendliche.
Emil Nolde zeigt in seinem Porträt der Unbekannten zugleich sein Menschenbild und bezeugt seine Liebe zu Kindern. Er, der gemeinsam mit seiner Gattin Ada nie Kinder haben wird, ist begeistert von deren Wesen. Der Kinderwunsch soll zwar nicht erfüllt werden, doch sind es die Kinder von Verwandten und aus dem Freundeskreis, die er malt und die er mit Aufmerksamkeit beschenkt. In Kindern sieht er eine Urwesenheit durchschimmern, die er sonst ebenso bei „Naturvölkern“ attestiert. Während seine Einstellung zu anderen Völkern und „Rassen“ in den 1930er Jahren kritisch zu verstehen ist, so ist seine Vorstellung vom kindlichen Wesen geradezu von Verständnis geprägt. Sie sind eben keine kleinen Erwachsenen, sondern leben in einer eigenen, Älteren mitunter wundersam erscheinenden Welt. In ihnen äußert sich eine Unbekümmertheit und Natürlichkeit, die uns allen im fortschreitenden Alter abhanden kommt.
Das hier angebotene Mädchen scheint im Begriff, genau an dieser Schwelle zu stehen. Ihre Augen und der leicht gesenkte Kopf verraten bereits, dass sie die Welt um sich herum beginnt wahrzunehmen. Ihre Kleidung und nicht zuletzt der Titel lassen sie indes noch für einen kleinen Moment – vielleicht sogar nur noch im Wunsch des Malers – in kindlicher Einfachheit verharren. Verweile doch, du bist so schön …

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