Heinrich Campendonk

Mariä Verkündigung

Details

Firmenich 809 A.

Ausstellung:
Heinrich Campendonk 1889-1957, Pfalzgalerie, Kaiserslautern 1982, Kat.-Nr. 53, mit farb. Abb.;
einfach. magisch. Die Bildwelten Heinrich Campendonks, Museum Penzberg – Sammlung Campendonk, Penzberg 2018, Sonderausst. o. Kat.

Provenienz:
Sammlung Max Glaeser (1871-1931), Eselsfürth bei Kaiserslautern (bis 1959);
Privatsammlung;
Sotheby’s, London 28.6.1995, Los 179;
Galerie Cazeau-Béraudière, Paris;
Privatsammlung;
Christie’s, London 8.2.2012, Los 212;
Galerie Salis & Vertes, Zürich/Salzburg;
Privatsammlung, Schweiz.

Beschreibung

• Campendonk kombiniert seine charakteristische geometrisierte Formensprache mit einem dynamischen, von scheinbar schwebenden Figuren geprägten Bildaufbau
• Intensiv leuchtende Komplementärkontraste erzeugen eine lyrische, fast märchenhafte Stimmung
• Aus der bedeutenden Sammlung Max Glaeser bei Kaiserslautern, die neben Slevogt, Liebermann, Corinth, Munch und Hofer vor allem Arbeiten des Expressionismus umfasste (siehe Los 723, Slevogt)

Das Blatt „Mariä Verkündigung“ von 1919 hat Campendonk selbst offenbar als besonders gelungen angesehen, da er es mit ausgeschriebenem Namen signiert hat. Er bricht darin mit der traditionellen Darstellungsweise des Themas: Die Verkündigung findet nicht in einem Innenraum statt, sondern in der ins Kosmische erweiterten Natur mit Tieren, Sternen und der Mondsichel. Nicht ein Engel überbringt die Botschaft, sondern drei in ein strenges Habit gekleidete Frauen, die ihr Herz aber auf der Brust tragen, doch keine Lilie überreichen. Bemerkenswert ist, dass Maria nicht in einen blauen Mantel gekleidet ist, sondern ein strahlend blaues Inkarnat zeigt.

Worum es in dem Bild geht, ist der himmlische Gruß an Maria, der je nach Übersetzungssprache des Lukas-Evangeliums lautet: Freue Dich (griechisch), Friede sei mit Dir (hebräisch), Gesegnet seist Du (lateinisch), Gegrüßest seist Du (Lutherübersetzung). 1919 ist nach vier Kriegsjahren endlich Friede eingekehrt, ein Grund zu vitaler Freude. In säkularisierter Form wird hier die Gnade Gottes verkündet, die Empfängnis des Kindes ist ein Hoffnungszeichen – und vielleicht auch ein Verweis Campendonks auf die Geburt der eigenen Tochter Gerda im Mai 1918.

Trotz der still dasitzenden Marienfigur handelt es sich um eine sehr dynamische Darstellung. Mehrere in der Waagerechten schwingende Bögen sind sowohl als Linien gezogen als auch durch Farbwechsel erkennbar. Sie setzen die Szene in Bewegung: die Schwünge am unteren und oberen Bildrand – die Kontur des Knies der Sitzenden – der Bogen um Schwanz und Rücken des Schafs, der sich über Schwein und Pferd fortsetzt – die Linie über den Rücken der Kuh bis zur Mondsichel. Verstärkt wird das Schwingen bis zur Rotation durch die eigentlich sehr starre Gruppe der drei Frauen, die schräg zum Schwerpunkt der Marienfigur schwebend platziert sind.
Die stark stilisierten Formen sind sorgfältig mit dem Pinsel ausgemalt, während der Hintergrund einen ganz anderen Umgang mit der Farbe zeigt: Flecken sehr wässriger Aquarellfarbe, partienweise in mehreren Schichten aufgetragen, sorgen sowohl für einen lichten, transparent wirkenden Bildraum wie sie auch eine Dynamik von Licht und Schatten, Leichtigkeit und gewichtiger Materialität in die Bildwirkung tragen. Gerade durch Partien, in denen Dunkel und Helligkeit aneinanderstoßen, wie über den Füßen der Marienfigur, gewinnt die Komposition räumliche Tiefe. Die komplementären Farben Grün und die Palette von Ocker über Rost bis Rot einerseits und das strahlende Blau und das klare Gelb der Mondsichel andererseits bestimmen die Farbwirkung – ebenso wie der für Campendonks Farbwahrnehmung typische Kontrast von kalten gegen warme Farben. Gisela Geiger

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